Ministrant werden war früher gar nicht so einfach. Nicht jeder wurde vom Pfarrer dafür ausersehen. Unter den Buben galt es dann auch noch, eine Mutprobe zu bestehen, um wirklich von der Gruppe aufgenommen zu werden. Der Neuling musste sich oben am Kirchturm so aus dem Fenster lehnen, dass er die Uhrzeit von der Turmuhr ablesen konnte.
Der Dienst eines Ministranten begann am Sonntag mit der 2. Messe und endete am darauffolgenden Sonntag mit der 1. Messe. Dazwischen musste jeden Tag bei der Wochentagsmesse ministriert werden.
Auch der Versehgang gehörte zu ihren Aufgaben. Gemeinsam mit dem Pfarrer gingen sie zu Menschen, die im Starben lagen, und brachten die Kommunion oder die Krankenölung.
Als Hans eines Tages gerade zur Kirche marschierte, um bei der Wochentagsmesse zu ministrieren, rief ihm Frau Baumgartner zu: „Schnell, Hansl, hol den Pfarrer, die Frau Lenz liegt im Sterben!“ Hochwürden Polzer teilte den Burschen gleich dazu ein, ihn zu begleiten. Hans trug vorne das Licht und hinter ihm ging der Pfarrer. Jeder, der ihnen begegnete, kniete sich hin und bekreuzigte sich. Normalerweise wartete schon jemand bei der Tür und bekreuzigte sich ebenfalls, wenn Pfarrer und Ministrant eintraten. Aber bei Frau Lenz, der Trafikantin, war die Tür verschlossen. Hans läutet einige Male und schließlich kam Herr Lenz heraus. „Grüß Gott, Herr Lenz, wir kommen zum Versehen“, grüßte der Bub. Herr Lenz war erstaunt darüber, den Pfarrer vor sich zu sehen, denn seiner Frau ging es ja gut. Zum Glück kam er aber dahinter, um welche Frau Lenz es sich handeln musste, und schickte die beiden dorthin.